5. Juni 2012

Bekannte Erkrankung spricht für Versorgungsehe

Das Hessische Landessozialgericht hat mit Urteil vom 16. November 2011 entschieden (Az.: L 5 R 320/10), dass ein Hinterbliebener in der Regel keinen Anspruch auf Zahlung einer Witwen- bzw. Witwerrente hat, wenn sein Ehepartner keine zwölf Monate nach der Eheschließung an den Folgen einer schon vor der Hochzeit bekannten schweren Erkrankung verstirbt.

Geklagt hatte eine seinerzeit 56-jährigen Frau, die im November 2007 einen an unheilbar metastasierenden Kehlkopfkrebs erkrankten Mann geheiratet hatte. Die Ehe dauerte jedoch nur kurz. Denn nur 17 Tage nach der Eheschließung verstarb ihr frisch angetrauter Ehemann an den Folgen seiner schweren Erkrankung. Daher beantragte seine Witwe bei der Deutschen Rentenversicherung Bund die Zahlung einer Witwenrente.
Der Rentenversicherungs-Träger lehnte ab, der Klägerin eine Witwenrente zu zahlen. Er argumentierte, dass der baldige Tod ihres Mannes bereits bei Eheschließung zwingend vorhersehbar war und der Grund für die Ehe weit überwiegend in der Versorgung seiner arbeitslosen, von Hartz IV-Leistungen lebenden Frau zu suchen sei.
Die Richter des Hessischen Landessozialgerichts wiesen die Klage der Witwe gegen die Rentenversicherung als unbegründet zurück. Gemäß § 46 Absatz 2a SGB VI haben Witwen oder Witwer nämlich dann keinen Anspruch auf Zahlung einer Witwen- beziehungsweise Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr angehalten hat – es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenen-Versorgung zu begründen, so das Gericht.
Nach Ansicht der Richter allerdings nur ausgegangen werden, wenn der Tod eines Versicherten plötzlich und unvorhersehbar, zum Beispiel als Folge eines Unfalls, eingetreten ist oder wenn die tödlichen Folgen einer Krankheit bei einer Eheschließung nicht vorhersehbar sind.
Anders verhielt es sich in dem zu entscheidenden Fall.
Die Beweisaufnahme ergab, dass sowohl die Klägerin als auch ihr verstorbener Mann bereits vor der Eheschließung von den behandelnden Ärzten über den Krankheitsverlauf informiert worden waren und daher von dem fortgeschrittenen Stadium der Tumorerkrankung gewusst hatten.
Insofern war es der Klägerin unmöglich, die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen. Deswegen hat sie keinen Anspruch auf Zahlung einer Witwenrente.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Im Übrigen wird die Frage, ob eine kurze Ehedauer zu Ansprüchen auf Zahlung einer Hinterbliebenenrente führt, nicht in jedem Fall zu Ungunsten der Witwen beziehungsweise Witwer entschieden. Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an

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