29. Oktober 2012

Folgenreiches Herzrasen

Das Landgericht Bielefeld hat mit Urteil vom 17. Juni 2011 (Az.: 1 O 115/07) entschieden, dass eine Frau, die unter einer zu hohen Herzfrequenz leidet, insofern nicht automatisch i.S.d. Versicherungsbedingungen einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung berufsunfähig ist. Das gilt selbst dann, wenn sie von der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezieht.

Die Klägerin war als Krankenschwester tätig und hatte zuletzt im Schichtdienst eines Krankenhauses gearbeitet. Als sie seit Januar 2006 wegen einer unter Belastung auftretenden, krankhaft beschleunigten Herzfrequenz mit Luftnot und deutlich verminderter Leistungsfähigkeit arbeitsunfähig krankgeschrieben worden war, erhielt sie seit Mai des Folgejahres von der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Gleichzeitig beantragte sie Leistungen aus einer bei dem beklagten Versicherer bestehenden Berufsunfähigkeitsversicherung, deren Leistungen dann beansprucht werden konnten, wenn die Versicherte dauerhaft zu mindestens 50 % nicht mehr dazu in der Lage war, ihren Beruf auszuüben.

Als der Versicherer der Klägerin zunächst kulanzweise rund 3.600,- Euro gezahlt hatte, stellte er nach Einholung eines nervenärztlichen sowie eines internistischen Gutachtens die Zahlungen ein und bestritt, dass die Klägerin berufsunfähig war, zumal seines Erachtens die Möglichkeit bestand, sie auf eine andere Tätigkeit, zum Beispiel der einer Arzthelferin, zu verweisen.

Daher reichte die Versicherte Klage beim Bielefelder Landgericht ein, allerdings ohne Erfolg. Das Gericht wies ihre Klage trotz der Tatsache, dass sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung durch die Deutsche Rentenversicherung Bund erhielt, als unbegründet zurück.

Nach richterlicher Meinung konnte die Frau nicht beweisen, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch gegenüber ihrem Berufsunfähigkeits-Versicherer erfüllt waren.

Die Richter beriefen sich in ihrer Entscheidung auf ein durch sie eingeholtes Gutachten eines medizinischen Sachverständigen, der ausgeführt hatte, dass die von anderer Stelle geäußerte Verdachtsdiagnose einer Herzmuskelentzündung der Klägerin nicht haltbar sei. Dafür hätte die von ihm durchgeführte magnetresonanz-tomographische Untersuchung (MRT) keine Belege geliefert. Der Gutachter war im Gegenteil der Meinung, dass das Herz der Klägerin gesund sei. Nach seiner Auffassung ist ihre beschleunigte Herzfrequenz (Sinustachykardie) Ursache eines gewissen Trainingsmangels.

Allerdings könnte die gesundheitliche Situation der Klägerin durch Aufnahme eines milden Ausdauertrainings in Verbindung mit der Verabreichung eines modernen Beta-Blockers (Ivabradin) so weit verbessert werden, dass sie langfristig wieder voll in das Arbeitsleben integriert werden können.

Die Richter fanden diese Ausführungen überzeugend. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, das Gegenteil zu beweisen, wozu sie nicht imstande war.

Daher hat sie nach Meinung der Richter keinen Anspruch auf Leistungen aus ihrer privaten Berufsunfähigkeits-Versicherung.

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