4. Juli 2013

BGH-Urteil zu Mietwagenkosten bei geringen Kilometern

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 5. Februar 2013 entschieden (Az.: VI ZR 290/11), dass es von den Umständen des Einzelfalls abhängt, ob ein Schädiger einem Geschädigten auch bei einer nur geringen Fahrleistung die Kosten für einen Mietwagen erstatten muss.

Ein Mann war mit seinem Pkw unverschuldet in einen Unfall verwickelt worden. Für die Zeit der Reparatur mietete er sich ein Ersatzfahrzeug. Weil sich die Reparatur verzögerte, nahm er das Fahrzeug für 93 Tage in Anspruch. Dadurch entstanden Kosten in Höhe von rund 5.400 Euro. Der Kfz-Haftpflichtversicherer des Schädigers hielt die Anmietung des Fahrzeugs für unangemessen. Denn der Kläger hatte es nur für durchschnittlich sechs Kilometer pro Tag genutzt. Der Versicherer war daher lediglich dazu bereit, dem Kläger fiktive Taxikosten in Höhe von täglich 15 Euro zuzugestehen. Anstatt der geforderten 5.400 Euro überwies er ihm lediglich 1.395 Euro.

Der Kläger war damit nicht einverstanden und trug in seiner gegen den Versicherer eingereichten Klage vor, auf eine ständige Verfügbarkeit eines Autos angewiesen zu sein. Die geringe Fahrleistung sei dadurch zu erklären, dass er Schwierigkeiten gehabt habe, mit dem Mietfahrzeug zurechtzukommen. Er habe sich daher auf die absolut notwendigsten Wege beschränkt. Diese Argumentation konnte jedoch weder das in der ersten Instanz angerufene Amtsgericht noch das Berufungsgericht überzeugen. Während das Amtsgericht dem Kläger immerhin die Zahlung einer Nutzungsausfall-Entschädigung zugestehen wollte, ging das Berufungsgericht noch einen Schritt weiter. Die Richter warfen dem Kläger vor, gegen die Schadenminderungs-Pflicht gemäß § 254 Absatz 2 BGB verstoßen zu haben. Denn mit einer durchschnittlichen täglichen Fahrleistung von nur sechs Kilometer sei er deutlich unter dem Durchschnittswert von 20 Kilometer geblieben, der in der Rechtsprechung und Literatur als Grenze für die Erforderlichkeit zur Anmietung eines Ersatzwagens angesehen werde.

Bei einer derart geringen Kilometerleistung hätte der Kläger auf den öffentlichen Nahverkehr und Taxis ausweichen können. »Denn kein wirtschaftlich vernünftig denkender Geschädigter hätte in der konkreten Situation mit Blick auf die Höhe der anfallenden Mietwagenkosten an der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs festgehalten«, so das Berufungsgericht.

Mit dem Fall beschäftigte sich nun der BGH, wo der Kläger einen Etappensieg errang.

Grundsätzlich sind Mietwagenkosten nur dann zu ersetzen, wenn eine Anmietung tatsächlich zur Herstellung des Zustands vor einem Unfall erforderlich ist. Das heißt, dass ein Geschädigter dazu gehalten ist, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren Möglichkeiten die wirtschaftlichste zu wählen. Denn zur Herstellung erforderlich sind nach Ansicht der Richter »nur die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf.

Die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Anmietung eines Mietwagens unterhalb einer gewissen Kilometerleistung generell unwirtschaftlich ist und ein Anspruch auf Ersatz der Mietwagenkosten deshalb nicht besteht, hält der BGH jedoch für falsch. Ob eine Maßnahme eines Geschädigten zur Schadenbeseitigung unwirtschaftlich ist, kann nur mit Blick auf die konkreten Umstände des Einzelfalls entschieden werden.

Aus der Tatsache, dass ein Fahrzeug nur für geringe Fahrleistungen benötigt wird, kann sich nach Meinung des BGH zwar die Unwirtschaftlichkeit der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs ergeben. Bei gewissen Sachverhalten könne aber alleine die Notwendigkeit der ständigen Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeugs die Anmietung eines Mietwagens rechtfertigen, ohne dass es auf die Kilometerleistung ankomme.

Der BGH verwies den Fall an die Vorinstanz zurück, die nun zu prüfen hat, ob ein zwingendes Erfordernis bestand, einen Mietwagen in Anspruch zu nehmen, etwa weil man auf die ständige Verfügbarkeit eines Fahrzeugs angewiesen ist oder ob er sich auf andere Möglichkeiten hätte verweisen lassen müssen.

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